Nach monatelanger Vorfreude war es endlich so weit: Nur mit dem Allernötigsten bepackt, fuhr ich los – vom Tessin Richtung Sizilien. Diese sechstägige Reise versprach alles, was ich am Fahrradfahren so liebe: die Freiheit einfach loszufahren und das Privileg mir bisher unbekannte Gegenden kennenlernen zu dürfen. Nach einem kräftigen Frühstück hiess es täglich Radfahren bis mindestens sechs Uhr abends, unterbrochen von ein, zwei Boxenstops in Einkaufszentren. Abends buchte ich via App eine Unterkunft für die Nacht, immer mit einer Überraschung, wohin es mich als Nächstes verschlagen würde. Diese Spontanität und die intensiven Eindrücke geben mir viel Energie. Die Route hatte alles zu bieten: abenteuerliche Kleinststrassen über verlassene Pässe, laut Tourismusführer Kalabrien teilweise Mafia Gebiete, die nicht unbedingt befahren werden sollten…. schmale Wanderpfade (ein Held, wer dies geplant hat…) und je südlicher je mehr Begegnungen mit Hunden, die selten kuscheln sondern lieber jagen wollten. Trotz meinen inexistenten Italienisch Kenntnissen, ausser ein paar Fluchwörtern und dem Satz: «Sei la donna più bella del mondo» (was sich bei der Frage nach Ersatzmaterial in einem Veloshop natürlich als extrem hilfreich erweist) zeigten die Italiener immer sehr grosse Gastfreundschaft und fragten mir Löcher in den Bauch, welche ich mit Händen und Füssen zu beantworten versuchte. Nach sechs Tagen und 1.500 Kilometern hatte ich mein Ziel erreicht: die Fähre nach Sizilien in Villa San Giovanni. Meine Etappenorte waren: Parma, Pesaro, Ortona, Melfi, Diamante und schliesslich Villa San Giovanni. Und so schnell, wie ich angekommen war, kehrte ich auch wieder zurück – per Nachtzug, der mich in 18 Stunden nach Hause brachte.